Bedürftigkeit - darin liegt dein ultimatives Heilmittel


Das natürliche Wesen eines jeden Menschen ist verbunden und eins mit allem und jedem. Durch die Identifikation als Person fühlt sich der Mensch jedoch getrennt und nicht mehr vollständig. Gefühlt bedeutet das, einen paradiesischen Zustand verloren zu haben. Denn wenn man sich eins fühlt, ist alles gut und vollkommen, nichts fehlt, man kann dem Leben zustimmen, so wie es ist. Man ist in sich satt - angekommen und glücklich.
Das Leben hier auf der Erde gleicht aber weniger einem paradiesischen Zustand, als vielmehr einem Labyrinth, wo der Mensch herumirrt und sucht. Die Bedürftigkeit spielt in diesem göttlichen Spiel eine große Rolle, weil sie  eingewoben ist in beinahe allen Gefühlen und Handlungen. Durch die Trennung erleidet man einen unbestimmten emotionalen Hunger und Mangel, der sich im persönlichen und in den verschiedensten Bereichen ausdrückt. Automatisch sucht man das Fehlende außerhalb von sich, beispielsweise in Dingen, in anderen Menschen, im Handy, im Fernseher, im Essen, im Sex, in schönen Begegnungen und wunderbaren Augenblicken, in besonderen Gefühlen und Kicks, in Herausforderungen und großartigen Aufgaben, auf Reisen in andere Länder … die Liste kann jeder selbst für sich weiterführen.
Das Hauptmerkmal der Bedürftigkeit ist der Wunsch nach Liebe, Wertschätzung und Bestätigung, dass man gesehen und wahrgenommen wird. Es ist nicht nur ein Wunsch, es ist ein existenzielles Brauchen eines jeden Menschen. Dafür steht er morgens auf und tut alles, um ein bisschen Aufmerksamkeit und Zuwendung von anderen zu kriegen.
Bedürftigkeit ist der Klebstoff, der die Menschen und deren zwischenmenschlichen Beziehungen zusammenhält und der überhaupt das ganze Gesellschaftssystem und dessen Abläufe am Leben hält.
Der Klebstoff ist der starke Glaube,
dass der andere dir etwas geben könnte,
was dich satt und glücklich macht.

Durch diesen Glauben ist der Blick und die Ausrichtung eines jeden Menschen automatisch auf sein Gegenüber gerichtet, egal ob es die Eltern sind, der Partner/-in, ein Freund/-in, die Kinder oder Kollegen.

Du leidest, weil dein suchender Blick von dir weg geht und
dich in einem Traum gefangen hält.

Der Traum hält den Menschen in der Sehnsucht und Hoffnung gefangen, dass es irgendwann gut wird und endlich nichts mehr weh tut und hin und her zieht. In Wirklichkeit ist es das natürliche Verlangen, wieder in die Einheit zurückzukehren.

Warum kommt kaum jemand auf die Idee,
im Naheliegenden - nämlich in sich selbst - zu suchen?

So entstehen aus zwischenmenschlichen Kontakten und Verbindungen ein Brauchen. Man hält den anderen fest, klammert sich an ihn und nicht selten glauben manche, dass sie über den anderen verfügen können, wie ein Gegenstand. Wenn der Mann oder die Frau zu ihrem Partner/-in sagt, „ich brauche dich, ich kann ohne dich nicht leben“, kann das für manche zu Beginn ein wunderbares Gefühl sein. Sie fühlen sich einzigartig, gebraucht und wertgeschätzt und erhalten scheinbar viel Zuwendung und Liebe. Ja, und irgendwann kippt dieses wunderbare Gefühl der Besonderheit in eine feste Umklammerung, aus der man sich dann befreien möchte. An der Sache selbst hat sich nichts verändert, sie wurde anfangs nur anders interpretiert.
Wie oft sagen Eltern, sie wollen nur das Beste für ihre Kinder, verhalten sich aber so, als hätten sie das volle Recht, über das Leben ihrer Kinder bestimmen zu können. Und als wüßten sie genau, was ihre Kinder brauchen, weil sie einfach nur ihre eigenen Bedürfnisse und ungelebte Träume, die sie nicht wahrnehmen, auf die Kinder projizieren.
Oder der Partner/-in verhält sich so, als hätte er einen Anspruch auf den anderen und weiß genau, was der andere braucht und ihm gut tut und ist der Überzeugung, dass das Liebe sei. Man glaubt, wenn man sich liebt, dann hat der andere für mich da zu sein und muss doch erkennen, was in mir vorgeht und was ich möchte.

Ist das wirklich so? Ist das wirklich Liebe?
Oder ist das vielleicht Brauchen?
Brauchen engt ein, ist zwanghaft und kontrollierend.

Liebe aber lässt frei.

Der Mensch glaubt zwar, dass er aus guten Absichten handelt und bezeichnet sie sogar mitfühlend, selbstlos und möglicherweise spirituell. Er fühlt sich als sogenannter Gut-Mensch und ist davon überzeugt, Menschen aus deren Leid und ihren Glaubensmustern befreien zu können und sie zu ihrem Glück und zur Liebe verhelfen zu können. Das ist sicherlich eine gute Sache, wenn er sich für die Umwelt und die Menschen einsetzt. Aber er kann nicht sehen, dass seine Handlung letztlich aus seiner Bedürftigkeit heraus gesteuert wird. Ihn schmerzt das Leid in der Welt und er will den Schmerz dort draußen bei den Menschen wegmachen und heilen. Er kriegt jedoch nicht mit, dass der Schmerz, die Traurigkeit oder ein Hilferuf in ihm stattfindet und nur von ihm gefühlt und wahrgenommen werden kann. Die Welt und die anderen dienen ihm nur als Projektionsfläche.

Wenn dich etwas von Außen triggert,
kannst logischerweise nur du in dir selbst fühlen und wahrnehmen,
was es mit mir macht.

Es kann nicht die Projektionsfläche oder die Situation dort draußen geändert werden, sondern der, der darauf schaut.
Der Mensch ist so lange bedürftig und „braucht“ ein Gegenüber als Projektionsfläche und Trigger, bis er seine Gefühle in sich wahrnehmen und spüren kann. Nur so kann er sich allmählich aus seiner Bedürftigkeit und inneren Abhängigkeit befreien.
Egal, wie sich die Bedürftigkeit ausdrückt, es ist immer ein unbewusster Deal, den man eingeht: Man versucht durch eine gewisse Strategie und Verhaltensweise die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu lenken. Sich selbst lässt man vollkommen außer acht und gibt stattdessen die Verantwortung dem anderen, weil man glaubt, dass er einem das gewisse Etwas geben könnte. So bleibt das Muster bestehen.

Jeder bezahlt mit seiner Lebendigkeit,
weil er sich weder wahrnimmt noch fühlt.
Ist es das, was du wirklich willst?

Glücklicherweise hat jeder einen Beobachter in sich, der sich nicht von den Sehnsuchtsträumen und ständigen Hoffnungen beeindrucken und ablenken lässt. Dieser Beobachter ist allerdings bei fast allen Menschen zugedeckt und noch nicht freigeschalten, also unbewusst. Wenn das Interesse für diese innere Wahrnehmung und Beobachtung stark genug ist, wird sie auch die nötige Aufmerksamkeit bekommen und aktiviert. Es ist ein tieferes Schauen und Erforschen, was sich tatsächlich unter der Oberfläche oder hinter dem Gedankenfilm abspielt. Dafür musst du den Blick zu dir selbst, nach innen richten. Der äußere Film lässt einen zwar glauben, dass die anderen einen lieben, bewundern und einen brauchen. Schaut man aber tiefer, könnte gesehen werden, wie sehr man sich bemüht, attraktiv und unterhaltend zu sein. Man tut so viel von morgens bis abends, um ein bisschen Aufmerksamkeit und Anerkennung von anderen zu kriegen. Würde man sich stattdessen immer wieder selbst Zeit und Zuwendung schenken, könnte man möglicherweise Angst und Unsicherheit wahrnehmen und unter welcher Spannung und Druck der Körper leidet.
Viele reagieren bei dem Wort Bedürftigkeit sofort mit Abwehr und Widerstand. Kaum jemand will bedürftig sein, denn das wird in der Gesellschaft und von den meisten als Schwäche gedeutet und mit Abhängigkeit in Verbindung gebracht. Die meisten möchten jedoch stark, frei und unabhängig sein, bloß niemanden brauchen. Denn wenn man jemanden braucht, ist er nicht da. Am besten vollkommen unabhängig und selbständig sein, dann kommt man am besten durchs Leben.

Ist das wirklich so?

Oder kann es sein, dass man bloß nicht mehr enttäuscht werden möchte und man sich deshalb von dem Gefühl, jemanden zu brauchen, vorher schon abschneidet?
Kann es sein, dass man andere nicht an sich heran lässt und sich nicht auf sie einlässt aus Angst, dass man verlassen wird und sich wieder allein und einsam fühlt?

Der Mensch kann nicht sehen, dass er schon immer allein ist, egal, ob er in einer Partnerschaft ist, in einer Gemeinschaft lebt oder allein. Obwohl noch nie jemand wirklich etwas bekommen hat vom anderen und ihn dauerhaft glücklich machen konnte, sucht der Mensch trotzdem draußen und in den anderen nach dem Glück und der Liebe - und nicht in sich. Definitiv kann niemand dir das geben, was dich dauerhaft glücklich und zufrieden macht.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass hier nichts falsch läuft und anders sein müsste. Niemand macht etwas falsch oder müsste sich anders verhalten oder endlich kapieren. Das Leben ist ein großes Angebot zur Bewusstwerdung, von dem man sich angesprochen fühlt oder nicht. Es zeigt sich immer und für jeden in der richtigen Art und Weise, wie es eben sein soll.
Das göttliche Sein hat das Leben wirklich clever eingerichtet. Es hat ein Format auf dem Planeten Erde den Menschen zur Verfügung gestellt, auf dem alles ausprobiert und erlebt werden kann. Es ist ein großartiges Such-Spiel, wo der Mensch überall und in allem das Fehlende sucht, das Glück, die Liebe, den Frieden. Er sucht nach dem gewissen Etwas, das den permanenten Hunger stillt und den nagenden Schmerz endlich zum Heilen bringt - wo endlich Ruhe ist.
Man kann es kaum glauben, aber Gott hat das Gesuchte - den inneren Schatz - nicht auf einem anderen Planeten versteckt oder ganz weit weg von dir, nein, er hat ihn direkt in dich gelegt.

Wo aber sucht der Mensch?

Er sucht überall da draußen, er rennt und rennt und bemüht sich, verirrt
sich - und weiß eigentlich gar nicht, wonach er wirklich sucht.

Wenn du auf dem Weg zu dir bist, zu deiner Bewusstwerdung, dann darfst du überaus dankbar sein. Denn dann weißt du bereits, dass du auch einen Teil für dein Wohlbefinden, Frieden und innere Erfüllung beitragen kannst - jederzeit, egal, wo du bist und wie die Umstände sind. Du hast ja immer dich bei dir!

Du hast die Möglichkeit, die verschiedenen Ausdrücke und Variationen deiner Bedürftigkeit anzuschauen und wahrzunehmen. Wie fühlt sie sich an und was tust du alles dafür? Und wenn du dich von anderen gesehen und verstanden fühlst, wie ist es dann? Wie lange hält dann das gute Gefühl an? Wie viel warst du bereit, von dir zu verleugnen, dich anders zu geben oder ein anderes Bild aufrecht zu halten, um gemocht zu werden? Oder es triggern dich Situationen, in denen Menschen, Tiere und die Umwelt Leid, Schmerz, Gewalt und Krankheit erleben.

Dann darfst du dich erinnern, dass das göttliche Sein - das Leben - dir eine Möglichkeit bietet, dass du den Schmerz und die Traurigkeit oder die Enttäuschung jetzt in dir spüren kannst. Dass du den Druck oder die Schwere im Körper wahrnehmen kannst.
In dir ist ein unendliches Universum, das so voller Lebendigkeit ist, das dir alles gibt und dich sein lässt. Da kannst du einfach SEIN und alles ist gut und du bist verbunden mit allem und jedem, weil du mit dir eins bist.

Der Mensch kann sich kein größeres Geschenk machen, 
als sich wahrzunehmen und sich zu fühlen.

Vielleicht kannst du erahnen, dass es in dem göttlichen Lebensspiel gar nicht darum geht, dass schon alles gut ist. Dann gäbe es nämlich keine Bewusstwerdung deiner Selbst. Der Mensch soll hungrig sein, er soll das Loch und die nagende Leere in sich spüren. Er soll sich getrieben fühlen und die Wunde bei anderen heilen wollen. Glücksgefühle werden nur kurzzeitig erlebt, dann verblassen sie wieder und der subtile Hunger und das unruhige Gefühl sind wieder da. So bleibt der Mensch ein Suchender und der eine oder andere beginnt, in sich zu schauen.

Vergiss nicht, jedes Gefühl von Bedürftigkeit, Brauchen und helfen wollen verbirgt die Chance, wieder zu dir zurückzukehren. Also ist die Bedürftigkeit sogar not-wendig, damit du dich wieder spüren und wahrnehmen kannst. Sie ist die Voraussetzung, dass du innerlich heilen kannst. Sie kann dein Wegbegleiter werden, ein Begleiter und Hinweis auf dem Weg zu dir selbst.

Aus deiner Einsamkeit und dem Allein-sein kann vielleicht irgendwann die Transformation beginnen, die dich in das All-Eins-Sein führt. Das ist dann das Paradies, von dem gesprochen wird.
So liegt in der ewigen Suche deiner Bedürftigkeit
bereits dein ultimatives Heilmittel.
Was für ein Segen!
In Liebe und Verbundenheit
Maria